Ioannis Moraitis: Ausländische Investoren wenden sich vom deutschen Immobilienmarkt ab

Noch im vergangenen Jahr galten Berlin, Frankfurt am Main und Stuttgart oder München als Eldorado für Kapitalanleger aus aller Welt. Doch die kontinuierlich steigenden Immobilienpreise führen laut Ioannis Moraitis dazu, dass immer mehr Investoren abspringen und sich in anderen Metropolen Europas umsehen. Sehr beliebt sind beispielsweise Immobilien in London, gibt der Immobilienexperte Ioannis Moraitis bekannt. Auch wenn London nicht günstiger als Berlin ist, scheint diese Metropole bei Investoren derzeit das neue Berlin zu sein. Eigentlich könnte die Abwendung ausländischer Investoren zu einer Entspannung des Marktes führen. „Doch von dieser“, führt Ioannis Moraitis an, „sind wir noch meilenweit entfernt. Die Investoren haben lediglich erkannt, dass es aufgrund des Ungleichgewichts aus Angebot und Nachfrage kaum eine Möglichkeit für adäquate Renditen gibt. Das verhält sich in London anders.“

Mehr Chancen für Selbstnutzer oder Interessensflaute bei Kapitalanlegern?

„Auch in diesem Punkt ist keine Entspannung ersichtlich“, weiß Ioannis Moraitis. Die hohen Kaufpreise stellen Selbstnutzer vor eine harte Probe, die mit der Einschränkung bezahlbarer Quadratmeter einhergeht. „In den Großstädten wie Berlin oder München verzichten Selbstnutzer auf rund 20 Quadratmeter Wohnfläche, wenn man die Ansprüche von vor 10 Jahren und heute gegenüberstellt. Dieser Verzicht basiert nicht zuletzt auf den explodierenden Preisen.“ Jeder Quadratmeter kostet Geld und daher wird abgewogen, wie viel Wohnraum benötigt wird und inwieweit neue Eigentümer bereit sind, nicht wirklich benötigte Quadratmeter zu zahlen. Das Interesse von renditeorientierten Anlegern flaut ab, ohne dass für Selbstnutzer daraus ein Vorteil entsteht. Im Endeffekt räumen die im Ausland nach Immobilien Ausschau halten den Investoren das Feld nur für Kapitalanleger aus dem Inland.

Das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage

Ioannis Moraitis sieht die Immobilienwirtschaft vor wachsenden Problemen, wenn das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage nicht behoben wird. Auch in den stetig steigenden Preisen sieht Ioannis Moraitis eine Problemstellung, die der Markt nicht selbstregulativ lösen kann. „Die Politik ist gefragt. Die Kommunen und Bauverantwortlichen müssen schneller entscheiden und den Erwerb von Eigentum durch inländische Käufer und vor allem durch Selbstnutzer fördern. Vergünstigungen und die vorrangige Behandlung wären hier schon ein immenser Vorteil“, meint Ioannis Moraitis und spricht dabei die sich auftürmenden Hürden für Käufer wie für Bauherren an.

Wird London das neue Berlin?

Im vergangenen Jahr sah es für eine kurze Zeitspanne so aus, als ob Berlin an Beliebtheit verliert und London zur neuen Trendmetropole aufsteigt. „Die Gründe für die Neuausrichtung von Kapitalanlegern gehen tiefer“, weiß Ioannis Moraitis und sieht in London nicht das neue Berlin. „Die Landeshauptstadt boomt nach wie vor, so dass auch das Interesse an Immobilien in Berlin weiter steigt. Verändert hat sich nur die Herkunft der Investoren“, findet Ioannis Moraitis und merkt an, dass keinesfalls alle ausländischen Anleger nach London abwandern und Berlin den Rücken kehren. „Vor allem Global Player aus Russland und aus Asien haben Berlin für sich entdeckt und zahlen Höchstpreise für Immobilien in der Landeshauptstadt. Hier können deutsche Investoren nicht mithalten, was den Markt negativ beeinflusst und die Kohärenz aus Angebot und Nachfrage weiter verschiebt.“ Ioannis Moraitis sieht die Problematik fehlender Eigentumswohnungen und zu hoher Preise vor allem für Altberliner zu einer unüberwindbaren Hürde werden. „Dem langjährigen Kiezbewohner ist durch die Abwanderung ausländischer Investoren nur wenig geholfen“, sagt Ioannis Moraitis. „Der Wohnraum wird dadurch nicht günstiger und der Immobilienverkauf stagniert nicht. Was sich ändert ist nur die Sprache der Investoren, nicht aber die Lebensqualität Alteingesessener, die hohe Mieten und ebenso hohe Immobilienpreise zahlen oder aus ihrem angestammten Kiez wegziehen müssen.“

Ob Berlin in absehbarer Zeit aufatmen kann, ob München und Frankfurt wieder Luft bekommen und ob Stuttgart seinen Charme durch die Vielfalt behält, wird sich in den nächsten Monaten und Jahren zeigen. Die Preisspirale kann sich nicht ewig so weiterdrehen.

Ioannis Moraitis: Der Immobilienmarkt vom Millenium bis heute im Überblick

Vom Jahr 2000 bis heute hat sich der Immobilienmarkt kontinuierlich gewandelt. „Dabei kannte die Preisspirale nur eine Richtung“, äußert sich Ioannis Moraitis und spricht damit die tendenzielle Entwicklung nach oben an. Allerdings betrifft die Preissteigerung längst nicht nur die Immobilie an sich, weiß der Experte, der als Geschäftsführer der hedera bauwert seit nunmehr 8 Jahren in Berlin agiert. Mit insgesamt über 15 Jahren Markterfahrung ist Ioannis Moraitis ein aufmerksamer Beobachter und Spezialist, wenn es um die Auswertung der Statistik des Immobilienmarktes seit dem Millenium geht.

Welche Indikatoren den Markt seit 2000 explizit beeinflussen

„Wer zum Beispiel in 1970 ein Haus kaufte, konnte es schon im Jahr 2000 für den zehnfachen Preis veräußern.“ Auch wenn sich hier eine Preissteigerung erkennen lässt, ist diese, stellt man sie der Tendenz bis 2018 gegenüber, laut Ioannis Moraitis harmlos. Für die in utopische Höhen aufsteigenden Preise sind verschiedene Faktoren verantwortlich. „Die meisten Aspekte gehen dabei Hand in Hand“, fügt Ioannis Moraitis an. Es ist offensichtlich, dass die Nullzins-Politik einen wesentlichen Anteil an der Preissteigerung beim Immobilienkauf trägt. Seitdem die Bau- und Kaufzinsen drastisch gesunken sind, haben sich die Kaufpreise erhöht.

Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage

Ein weiterer Punkt ist das Verhältnis aus Angebot und Nachfrage, wie Ioannis Moraitis anmerkt. Die Nachfrage steigt kontinuierlich, während das Angebot sinkt. Global tätige Investoren interessieren sich für Immobilien in Europa, explizit in den Metropolen Deutschlands. Während sich dieses Interesse bis zur Jahrtausendwende noch in Grenzen hielt, stieg es in den letzten 18 Jahren beinahe sprunghaft an. Das Resultat ist eine steigende Verknappung an Angeboten, der eine immer stärker wachsende Nachfrage gegenübersteht. „Ebenso darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Immobilienfinanzierung seit den 2000er Jahren viel einfacher als früher möglich ist. Seitdem Banken schneller Kredite vergeben, möchten immer mehr Familien in die eigenen vier Wände und ziehen den Kauf der Miete vor.“

Steigende Mieten in den Innenstädten sind ein Kernproblem

Ebenso wie die Immobilienpreise beim Kauf, steigen auch die Mieten in den Großstädten und mittelgroßen Städten des Landes. Bezahlbarer Wohnraum ist längst Mangelware und selbst hochpreisige Mietwohnungen sind nicht lange am Markt. „Die Innenstädte und beliebten Kieze bieten kaum noch Platz für den Zuzug, wodurch vor allem Alteingesessene bei einem geplanten Umzug vor Problemen stehen.“ Ioannis Moraitis sieht hierin ein hausgemachtes Problem, da der soziale Wohnungsbau stagnierte und Bestandsimmobilien über Nacht an ausländische Investoren wechselten. Auch wenn im Gegenzug von steigenden Löhnen die Rede ist, hat der Immobilienmarkt die Einkommen der Stadtbewohner längst überholt. „Bei Besichtigungen ist es üblich, dass zahlreiche Bewerber durch eine Wohnung laufen und der Makler am Ende entscheidet, wer den Zuschlag und damit die begehrten Räumlichkeiten erhält.“

Mietpreisbremse gescheitert

Ioannis Moraitis sieht die Mietpreisbremse als gescheitertes Projekt. Er weiß auch, dass das Bestellerprinzip bei Vermietungen nichts an der sich immer rasanter drehenden Preisspirale und an der Belastung potenzieller Mieter geändert hat. Auch in unseren Nachbarländern sind die Verhältnisse nicht unbedingt besser, sagt der Experte. Er betrachtet dabei vor allem Luxemburg und Frankreich. Seit dem Jahr 2000 sind die Mieten um bis zu 50 Prozent gestiegen, so dass selbst die gut verdienende Mittelschicht heute oftmals die Hälfte ihres Einkommens in die Miete investieren muss.

Kaufnebenkosten und Grunderwerbssteuern

Ein weiteres Problem sieht Ioannis Moraitis in den Kaufnebenkosten. Während bei Vermietung das Bestellerprinzip gilt, zahlen Immobilienkäufer die Maklergebühren eigenständig. Nur in sehr wenigen Regionen arbeiten Immobilienmakler für Provisionen unter 5 %. Im Regelfall schlägt allein die Maklerprovision mit 7,14 %, bei luxuriösen Objekten und in den Ballungszentren mit hoher Nachfrage auch mit bis zu 10 % zu Buche. „Solange es keine konkrete politische Regelung mit bundeseinheitlicher Wirkung gibt, wird sich in diesem Bereich nichts ändern.

Kaufnebenkosten

In Anbetracht der seit dem Jahr 2000 steigenden Kaufpreise wird deutlich, dass sich die prozentual veranschlagten Kaufnebenkosten ebenfalls summieren. Ebenso hat sich die durchschnittliche Finanzierungssumme für Wohneigentum erhöht. Beantragten potenzielle Käufer im Jahr 2000 noch rund 180.000 Euro Kredit, liegt der Durchschnitt heute bei 220.000 bis 240.000 Euro. Diese Summen gelten für Einfamilienhäuser oder Eigentumswohnungen im Standard. Wer höhere Ansprüche hat, muss in den deutschen Großstädten für eine Eigentumswohnung nicht selten Summen von einer halben Million bis 750.000 Euro einrechnen. Auch die Grunderwerbssteuern stellen eine Zusatzbelastung dar. Ioannis Moraitis weiß, dass der Immobilienkauf heute 50% mehr als 2000 kostet.